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Neues Regelinstrument: Doch keine Teilhabe „für alle“

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Die Vorstellung des Arbeitsministeriums zum neuen Regelinstrument „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ werden immer konkreter – und die Zielgruppe immer kleiner. Wie aus dem unveröffentlichten Referentenentwurf vom 29. Juni hervorgeht, sollen jetzt nur noch Personen gefördert werden dürfen, die mindestens sieben Jahre Hartz-IV-Leistungen bezogen haben. Außerdem soll der Lohnkostenzuschuss auf Höhe des Mindestlohns begrenzt werden.

Die Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD plant mit der Einrichtung eines neuen Regelinstruments im Zweiten Sozialgesetzbuch umfassende Reformen der Förderungen für sehr arbeitsmarktferne Langzeitarbeitslose und Langzeitbeziehende von Hartz IV (O-Ton berichtete). Ursprünglich war geplant, Langzeitarbeitslosen und Langzeitbeziehenden „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ in Form von öffentlich geförderten Arbeitsplätzen zu ermöglichen. Wie aus einer neuen Fassung des unveröffentlichten Gesetzentwurfs vom 29. Juni 2018 hervorgeht, werden Zielgruppe und Förderbedingungen aber immer weiter eingeschränkt.

Mindestalter 25 Jahre, sieben statt sechs Jahre Leistungsbezug

In der aktuellen Fassung des Gesetzentwurfs können nun ausschließlich Leistungsbeziehende gefördert werden, die das 25. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens sieben Jahren Hartz-IV-Leistungen beziehen. In einem früheren Entwurf wurden noch sechs Jahre Leistungsbezug als Zugangsvoraussetzung formuliert. Unter objektiven Kriterien ist nicht nachvollziehbar, warum die Grenze des vorangegangenen Leistungsbezugs in der aktuellen Fassung neu gezogen wurde.

Darüber hinaus soll eine Förderung im neuen Instrument nur dann möglich sein, wenn Leistungsbeziehende „trotz vermittlerischer Unterstützung nach § 16 Absatz 1 Satz 1 unter Einbeziehung der übrigen Eingliederungsleistungen“ seit mindestens zwei Jahren arbeitslos sind.  Im Klartext ist das Regelinstrument also nachrangig gegenüber anderen Fördermitteln, wie zum Beispiel Bewerbungstrainings oder anderen „aktivierenden“ Maßnahmen. Die Teilnahme an diesen Maßnahmen und andere „bestimmte Unterbrechungen der Arbeitslosigkeit“, wie zum Beispiel die Betreuung von Kindern, wirkt sich laut Referentenentwurf nicht auf die Berechnung der Langzeitarbeitslosigkeit aus.

Zuletzt verschafft der aktuelle Entwurf auch Klarheit darüber, was das Arbeitsministerium als „sehr arbeitsmarktfern“ versteht: „Sehr arbeitsmarktfern“ seien die Personen, die eine „Häufung von Vermittlungshemmnissen“ wie hohem Alter, fehlender Qualifikation oder gesundheitlichen Einschränkungen haben. Eine Überprüfung und Dokumentation dieser Kriterien wird – im Gegensatz zu Dauer von Leistungsbezug und Arbeitslosigkeit – voraussichtlich zu erheblichem Verwaltungsaufwand in den Jobcentern führen.

Gefördert wird nur der Mindestlohn – Problem für (kommunale) Arbeitgeber

Die zweite gravierende Änderung, die wohl viel Kritik auf sich ziehen wird, ist eine Begrenzung des Lohnkostenzuschusses auf den Mindestlohn. De facto können Arbeitgeber nach aktuellem Stand für den Teilnehmer also immer nur maximal eine Erstattung auf Mindestlohnhöhe erhalten – unabhängig davon wie hoch das tatsächlich gezahlte Entgelt ausfallen würde. Arbeitgeber, die aufgrund tariflicher Vereinbarungen höhere Löhne zahlen, würden somit benachteiligt werden. Vor allem werden deshalb Kommunen, die insbesondere in Nordrhein-Westfalen unter Haushaltsicherung stehen, von dem Instrument keinen Gebrauch machen können.

Umgekehrt wird die Begrenzung auf den Mindestlohn auch dazu führen, dass das Regelinstrument in der Tat zum Einfallstor für Niedriglöhne wird. Und in letzter Konsequenz bedeutet das für die Teilnehmenden, dass sie am Ende des Monats einen Lohn erhalten werden, der überwiegend nicht existenz- und alterssichernd sein wird.

von Lena Becher

 

 

Zum Weiterlesen:

Referentenentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetz zur Schaffung neuer Teilhabechancen für Langzeitarbeitslose auf dem allgemeinen und sozialen Arbeitsmarkt (10. SGB II-ÄndG – Teilhabechancengesetz), Stand: 29.06.2018 (unveröffentlicht).