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Ungleiche Löhne in der Weiterbildungsbranche gefährden Träger in Sachsen-Anhalt

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Jürgen Banse, Chef des Verbands Deutscher Privatschulen Sachsen-Anhalt e.V. (VDP), sieht Weiterbildungsträger, die von der Bundesagentur für Arbeit (BA) und den Jobcentern beauftragt werden, mittelfristig in ihrer Existenz bedroht. Der Grund: Erneut soll der Mindestlohn in der Weiterbildungsbranche angehoben werden. Obwohl der VDP diese Erhöhung ausdrücklich begrüßt, zerstöre sie die Wettbewerbsfähigkeit von jenen Dienstleistern, die überwiegend Weiterbildungen für Arbeitslose anbieten.


VDP-Chef Banse: BA und Jobcenter müssen Vergabepolitik anpassen

VDP-Geschäftsführer Jürgen Banse wendet sich in einem Schreiben vom 30.05.17 an das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt. Er kritisiert, dass die BA und Jobcenter die Entwicklung des Mindestlohns in der Weiterbildungsbranche bei ihrer Vergabepraxis bislang unzureichend berücksichtigt haben. Aus diesem Grund fordert er das Ministerium zu einer dreiteiligen Anpassung der Geschäftspolitik bei den Ausschreibungsverfahren für Weiterbildungsmaßnahmen auf. Erstens solle die jährliche Berechnung der Bundesdurchschnittskostensätze die höheren Kosten aufgrund gesteigerter Personalkosten berücksichtigen. Zweitens sollen Ausschreibungen für mehrjährige Weiterbildungsprogramme um Preisgleitklauseln erweitert werden, damit etwaige Veränderungen der Kostenstruktur berücksichtig werden können. Drittens sollen bei zukünftigen Ausschreibungen für die Durchführung von Maßnahmen nur noch Dienstleister einen Zuschlag erhalten, die den branchenüblichen Mindestlohn zahlen.

Ungleichgewicht zwischen Weiterbildungsträgern und anderen Arbeitsmarktdienstleistern

Denn verpflichtend ist der Mindestlohn nur für die Dienstleister, die überwiegend Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen nach dem Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II und SGB III) erbringen. Diese sehen sich bei einer Anhebung des Mindestlohns gestiegenen Personalausgaben ausgesetzt. Somit haben andere Arbeitsmarktdienstleister, die ihre Lohnzahlungen nicht anpassen müssen, einen Wettbewerbsvorteil. Sie können aufgrund ihrer im Vergleich geminderten Ausgaben für Lohnkosten bei Ausschreibungen der BA und Jobcenter günstigere Angebote unterbreiten.

VDP fordert Preisgleitklauseln für längerfristige Ausschreibung

Nach Ansicht des VDP wirkt sich die Anhebung des Mindestlohns insbesondere bei längerfristigen Ausschreibungen negativ auf die Haushalte der Weiterbildungseinrichtungen aus. Denn Arbeitsagenturen und Jobcenter legen mehrjährig einen Bundeskostendurchschnitt fest. Dieser bildet den finanziellen Rahmen für Weiterbildungsprogramme, die im Rahmen von SGB II und III erbracht werden können. Nach Einschätzung des VDP berücksichtigt der Bundeskostendurschnitt nicht die durch den Mindestlohn gesteigerten Kosten der Arbeitsmarktdienstleister. Die veranschlagten Ausgaben für Weiterbildungen als Metall-Fachkräfte, Schweißer, Informatik und IKT-Berufe, Reinigungsberufe, Medizinische Gesundheitsberufe oder auch in der Altenpflege seien nicht angehoben worden. Im Fall von Weiterbildungen im Gesundheitsschutz waren sie sogar gesunken. In Konsequenz würden Weiterbildungseinrichtungen, die den Lohnanstieg einkalkuliert hatten, bei der Vergabe benachteiligt.

Arbeitsmarktdienstleister, die überwiegend Weiterbildungen für die Klientel der Arbeitsagenturen und Jobcenter durchführen, seinen in Konsequenz von Insolvenz bedroht. VDP-Geschäftsführer Banse resümiert: „Die (insbesondere längerfristigen) Ausschreibungen der Arbeitsagenturen und Jobcenter müssen künftig ebenso zwingend Preisgleitklauseln enthalten, die den entsprechenden Preissteigerungen (gerade beim Mindestlohn) Rechnung tragen. Für bereits laufende längerfristige Maßnahmen der Arbeitsverwaltungen müssen angemessene Übergangslösungen gefunden werden.“

von Lena Becher

 

 

Zum Weiterlesen:

Jürgen Banse, Geschäftsführer Verband Deutscher Privatschulen Sachsen-Anhalt e.V., Erneuter Anstieg des Mindestlohns für Weiterbildungsbranche: Konsequenzen für Preispolitik der Bundesagentur für Arbeit, Schreiben an die Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt, 30.05.2017.

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Mindestlohn für pädagogisches Personal in der Weiterbildung steigt ab 2018, 19.05.2017.