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Finanzierungsalternative für die geförderte Beschäftigung: Der Passiv-Aktiv-Transfer

(o-ton) Maßnahmen der öffentlich geförderten Beschäftigung sind für viele (Langzeit-)Arbeitslose die letzte Chance, um auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen. Finanziert werden diese Maßnahmen aus Steuermitteln. Weil aber hier gerade kräftig gespart wird, machen sich die Betroffenen auf die Suche nach Alternativen.

Zur Finanzierung der öffentlich geförderten Beschäftigung, darunter zum Beispiel die Ein-Euro-Jobs, werden den Jobcentern vom Arbeitsministerium jährlich Eingliederungsmittel zugewiesen. Im Haushaltsjahr 2012 stehen den Jobcentern dafür nur noch knapp dreieinhalb Milliarden Euro zur Verfügung. Das sind insgesamt 40 Prozent weniger als noch im Jahr 2010. Neben den Eingliederungsleistungen gibt es weiterhin noch die so genannten Passiven Leistungen, bestehend aus Arbeitslosengeld und den Kosten der Unterkunft, die im Jahr 2010 mit 31 Milliarden Euro den größten Ausgabenposten im Bereich der Grundsicherung (Hartz IV) ausmachten.

Die massiven Kürzungen der Eingliederungsleistungen bedeuten für viele Menschen das Ende ihrer bisher geförderten Beschäftigung, die vielen eine neue Perspektive jenseits der Arbeitslosigkeit gegeben hat. Die Diakonie hat deshalb schon im Jahr 2006 Vorschläge für eine alternative Finanzierung vorgestellt und das Modell des Passiv-Aktiv-Transfers (PAT) entwickelt. Grundidee dabei ist die Umwandlung passiver Leistungen an erwerbsfähige Hilfebedürftige in aktive Mittel der Arbeitsförderung, um sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu finanzieren. Dahinter steckt die Idee, für langzeitarbeitslose Menschen Perspektiven zu eröffnen, anstatt sie dauerhaft und ohne sinnvolle Beschäftigung im Leistungsbezug verharren zu lassen. Durch die Umwandlung der passiven Leistungen in aktive Mittel könnten für den Personenkreis der Langzeitarbeitslosen mit multiplen Vermittlungshemmnissen sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse geschaffen werden.

Das Thema Passiv-Aktiv-Transfer ist mittlerweile sogar im Bundestag angekommen. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat sich in einem Gutachten mit den rechtlichen Voraussetzungen der Umsetzung auseinandergesetzt. Die Autoren kommen dabei zu dem Schluss, dass es rechtlich möglich wäre, den Passiv-Aktiv-Transfer dauerhaft anzuwenden.

Die Diakonie schlägt folgendes Modell vor:

Zielgruppe

Das PAT-Modell könnte für fast alle am Arbeitsmarkt benachteiligten Personengruppen neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze schaffen. Arbeitslose sollen freiwillig teilnehmen, die Arbeit soll aber durch materielle (Geld) und immaterielle (Weiterbildungsmöglichkeiten) Anreize attraktiv gestaltet werden. Der Wechsel in eine reguläre Beschäftigung sollte jederzeit möglich sein. Das Modell soll in einer ersten Phase auf drei Zielgruppen beschränken werden, die besondere Probleme am Arbeitsmarkt haben. Dazu gehören Personen mit multiplen Vermittlungshemmnissen und arbeitslose Personen vor dem Renteneintritt. Da Langzeitarbeitslosigkeit für jüngere Arbeitnehmer besonders fatal ist, wären sie aus Sicht der Diakonie eine dritte Zielgruppe.

Einsatzfelder

Die Diakonie schlägt vor allem Arbeiten im sozialen und ökologischen Sektor vor. Es soll aber ausgeschlossen werden, dass bestehende Arbeitsplätze vernichtet werden. Aus Sicht der Diakonie sind hierzu auf Bundesebene Kriterien zu entwickeln, die auf kommunaler Ebene umgesetzt werden sollen. Weitere Beschäftigungsfelder wären bisher wegen zu hoher Arbeitskosten ins Ausland abgewanderte Tätigkeitsbereiche. Die neuen Beschäftigungsverhältnisse sollen zudem keine Konkurrenz zum freiwilligen bürgerschaftlichen Engagement darstellen.

Finanzierung

Die passiven Leistungen an ALG II-Empfänger wie Regelsatz, Kosten der Unterkunft und Aufwendungen für Kranken- und Pflegeversicherung machen in den Haushalten von Bund und Kommunen die größten Posten aus. Die Diakonie will diese Mittel nutzen, um sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu schaffen. Ein Stundenlohn zwischen 7,50 und 8,50 Euro soll die Hilfebedürftigkeit der Zielgruppe überwinden und die Gruppe gleichzeitig fit für den ersten Arbeitsmarkt machen. Weil durch die Erwerbstätigkeit der vormals Arbeitslosen dann auch keine Verwaltungskosten bei den Jobcentern mehr anfallen, könnten diese frei gewordenen Mittel zusätzlich zur Finanzierung genutzt werden. Die Mittel, bestehend aus Eingliederungsleistungen, umgewandelten passiven Leistungen und monetarisierten Verwaltungsaufwendungen sollen den Jobcentern in einem besonderen Haushaltstopf zur Verfügung gestellt werden. Die zusätzlichen Kosten für das PAT-Modell würden sich in Grenzen halten, da nur ohnehin aufgebrachte Mittel anders verteilt werden.

Die Diakonie hat ihre Vorschläge 2010 in einem Positionspapier bekräftigt und aktualisierte Berechnungen eines solchen Modells vorgelegt. Ausgehend von Schätzungen, dass circa 500.000 Personen im SGB II als nicht vermittelbar gelten, könnte durch die Umwandlung der passiven zu aktiven Leistungen dauerhaft sozialversicherungspflichtige Beschäftigung für Personen geschaffen werden, die ansonsten keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt hätten.

Zum Weiterlesen:

Positionspapier des Diakonie Bundesverbands zur aktuellen Arbeitsmarktpolitik

BIAJ-Papier: SGB II-Eingliederungsmittel in den Haushaltsjahren 2010 bis 2012 (Ausblick)