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Hartz-IV-Aufstocker: Staat subventioniert Niedrigeinkommen jährlich mit Milliarden Euro

2016 erhielten Erwerbstätige vom Staat Hartz-IV-Leistungen in Höhe von 10,78 Milliarden Euro. Die Zahlungen an Hartz-IV-Aufstocker sind gegenüber dem Vorjahr somit um rund 250 Millionen Euro gestiegen, wie aktuelle Daten der Bundesagentur für Arbeit zeigen. Nach Einführung des Mindestlohns müssen nun vor allem sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ihr Gehalt mit Hartz IV aufstocken.

Im Jahr 2016 zahlte der Staat insgesamt knapp 10,78 Milliarden Euro, um Aufstocker-Haushalte auf Hartz-IV-Niveau zu heben. Das sind rund 250 Millionen Euro mehr als noch im Vorjahr – obwohl die Zahl der Haushalte mit mindestens einem Aufstocker abgenommen hatte. Im ersten Mindestlohnjahr 2015 waren die Zahlungen an Aufstocker nach Jahren erstmals wieder zurückgegangen (O-Ton berichtete).

Der Anstieg der Zahlungen an Aufstocker lässt sich nicht allein mit den Erhöhungen der Hartz-IV-Sätze erklären. So erhielten Aufstocker-Haushalte in 2016 durchschnittlich 831 Euro pro Monat – 49 Euro mehr als im Vorjahr. Seit 2015 wurde der monatliche Hartz-IV-Regelsatz jährlich jedoch nur um jeweils fünf Euro angehoben.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Darstellung O-Ton Arbeitsmarkt.

Weniger Aufstocker mit Minijob, mehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt

Seit Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015 wird deutlich: Immer weniger Aufstocker haben einen Minijob. Im Dezember 2014 war noch fast jeder zweite Aufstocker geringfügig beschäftigt. Bis Januar 2017 ging ihre Zahl jedoch von rund 570.000 auf knapp 383.000 zurück. Anteilig sind nun deutlich mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte abhängig von Hartz-IV-Leistungen. Obwohl die Zahl der Aufstocker insgesamt im gleichen Zeitraum immer weiter gesunken war, mussten im Januar 2017 immer noch rund 570.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ihr Gehalt mit Leistungen aus der Grundsicherung aufstocken.

Der Mindestlohn scheint also nachhaltig zu einer Verschiebung der Arbeitszeit und der Einkommen geführt zu haben. Aus Minijobbern sind möglicherweise sozialversicherungspflichtig-beschäftigte Aufstocker geworden, aus sozialversicherungspflichtig-beschäftigten Aufstockern Erwerbstätige, die nun ganz ohne Hartz-IV-Leistungen auskommen. Möglich ist aber auch, dass vor allem geringfügige Jobs komplett gestrichen wurden – und die Menschen nun (wieder) vollständig abhängig von Hartz-IV-Leistungen sind.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Darstellung O-Ton Arbeitsmarkt.

von Lena Becher

 

 

Zum Weiterlesen:

Bundesagentur für Arbeit, Erwerbstätige erwerbsfähige Leistungsberechtigte– Deutschland mit Ländern und Kreisen – April 2017.

O-Ton Arbeitsmarkt, Hartz IV trotz Arbeit: Mehr als jeder vierte Hartz-IV-Empfänger erwerbstätig, 02.06.2017.

O-Ton Arbeitsmarkt, Nach Mindestlohn-Einführung: Aufstocker kosten den Staat 300 Millionen Euro weniger, 20.06.2016.