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Teilhabechancengesetz: Nur Mindestlohn auf dem sozialen Arbeitsmarkt

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Am 18. Juli wird die Bundesregierung über den Entwurf zum Teilhabechancengesetz von Arbeitsminister Hubertus Heil entscheiden. Während Wohlfahrtsverbände und Kommunen die Pläne begrüßen, äußern sie auch Kritik. Arbeitgeber erhalten bei der Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen und Langzeitbeziehern von Hartz IV maximal Zuschüsse auf Mindestlohnhöhe. Tarifgebundene Arbeitgeber müssten hier also draufzahlen.

Langzeitarbeitslose und Langzeitbezieher von Hartz IV sollen mit Lohnkostenzuschüssen in Arbeit gebracht werden – so sieht es das Teilhabechancengesetz von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vor. Im neuen Regelinstrument zur „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ im Zweiten Sozialgesetzbuch sollen Personen gefördert werden, die innerhalb der letzten acht Jahre mindestens sieben Jahre Hartz-IV-Leistungen bezogen haben und währenddessen nur kurzfristig beschäftigt waren.

Öffentliche und private Arbeitgeber erhalten für die Beschäftigung dieser Personen einen Lohnkostenzuschuss für maximal fünf Jahre. Der Zuschuss soll in den ersten beiden Jahren 100 Prozent des Entgelts betragen und danach jährlich um jeweils 10 Prozentpunkte bis auf 70 Prozent im fünften Jahr absinken (O-Ton berichtete). In der aktuellen Entwurfsfassung des Gesetzes vom 11. Juli 2018 wird dieser Lohnkostenzuschuss allerdings auf die Höhe des Mindestlohns begrenzt.

Kritische Stimmen aus Gewerkschaften und Kommunen

Gerade diese Einschränkung wird von Gewerkschaften und auch Kommunen scharf kritisiert. Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, mahnte gegenüber der Berliner Zeitung an, dass tarifgebundene Arbeitgeber die Differenz zwischen Tarif- und Mindestlohn aus eigener Tasche zahlen müssten und die Teilnahme am Instrument hierdurch deutlich unattraktiver würde. Auch Annelie Buntenbach aus dem Bundesvorstand des DGB teilt diese Einschätzung und spricht sich für eine Förderung auf Höhe des jeweiligen Tariflohns aus.

Reicht der Mindestlohn zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit aus?

Einerseits könnte eine Begrenzung der Förderung auf Mindestlohnhöhe also dazu führen, dass tarifgebundene und insbesondere kommunale Arbeitgeber keine Arbeitsplätze im neuen Regelinstrument anbieten können (O-Ton berichtete). Andererseits stellt sich die Frage, ob der Mindestlohn für Beschäftigte auf dem sozialen Arbeitsmarkt ausreicht, um ihre Bedürftigkeit von Hartz IV zu überwinden.

Nach Berechnungen von O-Ton Arbeitsmarkt ist dies nur realistisch zu erwarten, wenn der Beschäftigungsumfang bei mindestens 30 Wochenstunden liegt – und von dem Einkommen keine weiteren Haushaltsmitglieder ernährt werden müssen. Alleinerziehende, Pflegende und Personen, die beispielweise aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen nicht voll leistungsfähig sind, werden demnach voraussichtlich auch trotz Teilnahme an der Maßnahme weiterhin auf Hartz IV angewiesen sein.

von Lena Becher

 

 

Zum Weiterlesen:

Deutscher Städtetag, Städte fordern ortsüblichen Tariflohn statt Mindestlohn für Programme zum sozialen Arbeitsmarkt, 16.07.2018.

Neumann, Philipp, Hubertus Heil will neue Chance für Langzeitarbeitslose, in: Berliner Morgenpost, 17.07.2018.

Sievers, Markus, Hubertus Heil will neue Chance für Langzeitarbeitslose, in: Frankfurter Rundschau, 16.07.2018.

Referentenentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetz zur Schaffung neuer Teilhabechancen für Langzeitarbeitslose auf dem allgemeinen und sozialen Arbeitsmarkt (10. SGB II-ÄndG – Teilhabechancengesetz), Stand: 11.07.2018 (unveröffentlicht).