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Wechseln Arbeitnehmer wirklich immer schneller ihren Job?

amnews-2-300x190Die mittlere Dauer von Beschäftigungsverhältnissen ist zwischen 2005 und 2017 von 58 auf 51 Monate gesunken. Für Politiker ist dies das Resultat von  immer mehr Befristungen und schlechten Arbeitsbedingungen. Doch die Statistik der Bundesagentur für Arbeit zeigt, dass die kürzeren Dauern eher auf neu geschlossene und damit „jüngere“ Beschäftigungsverhältnisse zurückzuführen sind.

Von „zunehmend kürzeren Beschäftigungsverhältnissen“ berichteten am 9. Dezember mehrere Nachrichtenportale, unter anderem der Deutschlandfunk. In Bezugnahme auf eine Antwort des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) auf eine Anfrage der Linken-Politikerin Sabine Zimmermann wurde darauf verwiesen, dass die mittlere Dauer, konkret: die Mediandauer, der Beschäftigungsverhältnisse zwischen 2005 und 2017 von 58 auf rund 51 Monate abgesunken sei. Demnach bestand die Hälfte dieser Beschäftigungsverhältnisse zum Stichtag am 31.12.2017 seit weniger als 51 Monaten. Für Zimmermann ist das ein Zeichen einer stärkeren Arbeitnehmer-Fluktuation am Arbeitsmarkt, die unter anderem durch einen Zuwachs an Befristungen und Projektstellen hervorgerufen würde. Doch stimmt diese Einschätzung?

Die Zahlen des BMAS entstammen der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) und beziehen sich auf den Bestand sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse, hier zum Stichtag 31. Dezember 2017. Die mittlere Dauer von 51,2 Monaten berücksichtigt demnach alle zum Stichtag bestehenden, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse. Dazu zählen natürlich alle kurz vor dem Stichtag geschlossenen Arbeitsverhältnisse. Kommen also viele neue Beschäftigungsverhältnisse zustande, sinkt der Median insgesamt ab.

Beschäftigungen bestanden vor ihrem Ende länger

Daher ist die alleinige Betrachtung des Bestands der Beschäftigungsverhältnisse irreführend und es sollte unbedingt auch die mittlere Dauer der beendeten Beschäftigungsverhältnisse betrachtet werden. Diese misst, wie lange die Beschäftigungsverhältnisse zum Zeitpunkt ihrer Beendigung bestanden. Aus der Statistik der BA geht hervor, dass die mittlere Dauer der beendeten im Gegensatz zu den bestehenden Beschäftigungen sogar leicht gestiegen ist. Sie lag im Jahr 2017 bei 9,7 Monaten, 2013 waren es 9,1 Monate.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Darstellung O-Ton Arbeitsmarkt.

Insgesamt lässt sich aus der BA-Statistik kein klarer Trend zu kurzfristigeren Beschäftigungsverhältnissen ablesen. Dennoch gibt es eine Branche, die mit besonders kurzen Beschäftigungsdauern negativ auffällt. So bestanden knapp 60 Prozent der beendeten Beschäftigungsverhältnisse in der Leiharbeit zum Zeitpunkt ihrer Beendigung nicht einmal ein halbes Jahr. Bei der Gesamtheit der beendeten Beschäftigungsverhältnisse lag dieser Anteil hingegen rund 20 Prozentpunkte niedriger. Diese Zahlen sind deshalb alarmierend, weil es in den letzten Jahren einen kräftigen Zuwachs der Beschäftigung in Leiharbeit gegeben hat. Laut Statistischem Bundesamt waren im Jahr 2017 932.000 Arbeitnehmer in Leiharbeit beschäftigt.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Darstellung O-Ton Arbeitsmarkt.

 von Lena Becher

 

 

Zum Weiterlesen:

Bundesagentur für Arbeit, Dauer von Beschäftigung (Jahreszahlen), Dezember 2017.

Statistisches Bundesamt, Atypische Beschäftigung.

O-Ton Arbeitsmarkt, Bundesagentur für Arbeit: Jede dritte offene Stelle in der Leiharbeit.