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Qualifikation von Arbeitslosen: Paritätischer kritisiert Benachteiligung im Hartz-IV-System

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Abschlussorientierte Qualifikationsmaßnahmen sind ein wirksames Instrument bei der Beendigung von Arbeitslosigkeit, doch werden sie kaum genutzt. Vor allem im Hartz-IV-System erhalten nur sehr wenige Arbeitslose eine derartige Förderung, obwohl der Bedarf dort am größten ist. Der Paritätische Wohlfahrtsverband fordert die Jobcenter und Arbeitsagenturen daher zur „aktiven Weiterbildungsförderung“ auf.

Mit nur rund fünf Prozent erhielt im September 2017 nur ein Bruchteil der Arbeitslosen in Deutschland eine Förderung der beruflichen Weiterbildung, wie eine Auswertung des Paritätischen Wohlfahrtsverbands der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) zeigt. Nicht einmal die Hälfte dieser Weiterbildungen führte auch zum Erwerb eines Berufsabschlusses, sondern lediglich einer Teilqualifikation – ein Zustand, den der Paritätische in einem Papier vom 25. Juli 2018 scharf kritisiert.

Die Auswertungen des Paritätischen bestätigen, dass gerade Arbeitslose im Hartz-IV-Bezug und damit in der Betreuung der Jobcenter selten Zugang zur abschlussorientierten Weiterbildung erhalten (O-Ton berichtete). Der Wohlfahrtsverband führt diese Beobachtung auf zwei Umstände zurück: Erstens seien die finanziellen Mittel für arbeitsmarktpolitische Förderung im Hartz-IV-System deutlich geringer als im System der Arbeitslosenversicherung. Zweitens gilt im Hartz-IV-System der Vermittlungsvorrang. Arbeitslose sollen demnach schnellstmöglich in Arbeit gebracht werden. Eine schnelle Vermittlung in Arbeit ist im Hartz-IV-System also aus Sicht der Jobcenter oftmals sinnvoller als eine kosten- und zeitintensive Qualifikation von Arbeitslosen.

Ungelernte mit höherem Risiko der Arbeitslosigkeit

In diesem Zusammenhang weist der Paritätische ferner auf das Missverhältnis zwischen Qualifizierungsbedarf und den tatsächlich angebotenen Fördermaßnahmen im Hartz-IV-System hin. In vielen Fällen sind Arbeitslose im Hartz-IV-Bezug ungelernt und haben damit auch ein höheres Risiko, arbeitslos zu bleiben (O-Ton berichtete). Der Paritätische geht davon aus, dass dieses Risiko sich aufgrund der Digitalisierung und wegfallender Helfertätigkeiten noch verhärten wird. Einzelne Jobcenter hätten nach Einschätzung des Wohlfahrtsverbands diese Herausforderung bereits erkannt und ihre Aktivierungsstrategie angepasst.

Der Paritätische fordert, dass Jobcenter und Arbeitsagenturen flächendeckend eine aktive Weiterbildungsförderung einführen, die am Bedarf regionaler Arbeitsmärkte und individuellem Bedarf Arbeitsloser ausgerichtet ist. Ein Ausbau der abschlussorientierten Weiterbildung würde damit nicht nur die Aufwärtsmobilität von Arbeitslosen im Hartz-IV-System decken. Der Paritätische sieht hier zudem auch eine Möglichkeit, brachliegendes Potenzial zu aktivieren und mit der Qualifikation von Arbeitslosen dem Fachkräftebedarf zu begegnen.

von Lena Becher

 

 

Zum Weiterlesen:

Hofmann, Tina, Kaum Bildungsaufstieg aus Arbeitslosigkeit – Expertise der Paritätischen Forschungsstelle zur Fort- und Weiterbildung in der Arbeitsförderung, 25.07.2018.

O-Ton Arbeitsmarkt, Weniger Weiterbildungen mit Berufsabschluss, vor allem für Hartz-IV-Empfänger, 04.07.2018.