12. Dezember 2016
Die Bundesregierung hat die Fördermittel für Menschen im Hartz-IV-System stark zusammengestrichen. Und an dem, was übrig bleibt, bedienen sich die Jobcenter, um ihre Verwaltungskosten zu decken. Leidtragende sind die Betroffenen. Das kritisiert die Freie Wohlfahrtspflege NRW in ihrem aktuellen Arbeitslosenreport.
Das Budget für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen für Menschen im Hartz-IV-System wurde in den letzten Jahren stark zusammengestrichen. Standen in Nordrhein-Westfalen 2010 noch 1,47 Milliarden Euro zur Verfügung, waren es 2013 nur noch 850 Millionen Euro. Das zeigt der aktuelle Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrtspflege NRW in Kooperation mit dem Institut für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung (ISAM) der Hochschule Koblenz. Von dieser Talfahrt habe sich der so genannte Eingliederungstitel trotz geringfügiger Budgeterhöhungen in 2014 und 2015 nie wieder erholt.
Insgesamt seien in Folge dieser bundespolitischen Weichenstellung die Ausgaben für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit in NRW von 2010 bis 2015 um 35 Prozent zurückgefahren worden. „Wenn wir verhindern wollen, dass über vier Millionen erwerbsfähige Hartz-IV-Beziehende in Deutschland, davon mehr als eine Million in NRW, dauerhaft von der Gesellschaft abgehängt werden, müssen die Mittel zur Eingliederung in Arbeit im SGB II wieder deutlich angehoben werden“, kritisiert Andreas Johnsen, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege NRW.
Zusätzlich verschärft werde die Unterfinanzierung von arbeitsmarktpolitischen Förderangeboten für Hartz-IV-Beziehende durch den Bund dadurch, dass von den bereits reduzierten Mitteln immer mehr in den Verwaltungsetat der Jobcenter umgeleitet werde. 2015 habe diese Umschichtung zwischen den Budgets in NRW zudem einen erneuten Höchstwert erreicht: Mit rund 155 Millionen Euro hätten die Jobcenter 16 Prozent des Eingliederungsetats für andere Zwecke, zum Beispiel ihre eigenen Personal- und Sachkosten verwendet.
Von den 950 Millionen Euro, die für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit zur Verfügung standen, seien 2015 tatsächlich nur 795 Millionen auch dafür genutzt worden. „Das ist ein Skandal“, so Andreas Johnsen. „Diese Praxis muss ein Ende haben. Sie ist zwar legal, aber nicht legitim. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW fordert eine eigenständige, transparente und faire Erhöhung der Verwaltungsbudgets der Jobcenter anstatt der aktuell ausufernden Umschichtungspraxis.“
Die Zahlen im aktuellen Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrtspflege zeigen weiterhin: Nur jeder zwölfte Hartz-IV-Empfangende (8,3 Prozent) im erwerbsfähigen Alter wurde laut Aktivierungsquote der Bundesagentur für Arbeit im Durchschnitt des Jahres 2015 mit einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme gefördert. 2012 habe die Quote noch bei 8,5 Prozent, 2011 sogar bei 10,2 Prozent gelegen. Diese Entwicklung sei damit keine Konsequenz aus sinkenden Arbeitslosen- und Hilfeempfängerzahlen, sondern Folge der Sparmaßnahmen in der Arbeitsmarktpolitik und der zunehmenden Umschichtung der Mittel für aktive Arbeitsmarktförderung in die Verwaltungsbudgets der Jobcenter.
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