12. Dezember 2017
Frauen in Nordrhein-Westfalen erfahren im Vergleich zu Männern weniger Teilhabe an der Arbeitswelt: Sie sind häufiger langzeitarbeitslos, benötigen öfter aufstockende Hartz-IV-Leistungen und werden dennoch arbeitsmarkpolitisch gefördert. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW kritisiert dieses Ungleichgewicht in ihrem aktuellen Arbeitslosenreport.
Die Situation arbeitsloser und beschäftigter Frauen in Nordrhein-Westfalen unterscheidet sich in entscheidenden Punkten von derer arbeitsloser und beschäftigter Männer. Das zeigt der aktuelle Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrtspflege NRW in Kooperation mit dem Institut für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung (ISAM) der Hochschule Koblenz. Frauen in Nordrhein-Westfalen sind häufiger langzeitarbeitslos, haben schlechtere berufliche Qualifikationen und müssen öfter als Männer als Alleinerziehende familiäre Verpflichtungen und Arbeit miteinander vereinbaren. Beschäftigte Frauen beanspruchen außerdem öfter als Männer Hartz-IV-Leistungen zur Aufstockung ihres Einkommens. Die Beteiligung von Frauen an arbeitsmarktpolitischer Förderung liegt hingegen unter der der Männer.
Hier sieht die Freie Wohlfahrtspflege NRW politischen Handlungsbedarf. Sie kritisiert, dass arbeitsmarktpolitische Förderungen den Problemlagen arbeitsloser Frauen nicht ausreichend gerecht werden. Ganze 55 Prozent der über 315.000 arbeitslosen Frauen in Nordrhein-Westfalen hatten im September 2017 keine abgeschlossene Berufsausbildung. Dieses Arbeitskräftepotenzial müsse gehoben werden, so Andreas Johnsen, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege: „Viele arbeitslose Frauen wollen und können eine Berufsausbildung nachholen. Sie müssen in den Jobcentern gezielt auf diese Chance hingewiesen und bei der praktischen Umsetzung individuell unterstützt werden.“
Warum eine gezielte Unterstützung arbeitsloser Frauen nötig ist, zeigt der Blick auf die Situation alleinerziehender arbeitsloser Frauen. 18 Prozent der arbeitslosen Frauen seien alleinverantwortlich für die Erziehung und Betreuung von mindestens einem Kind. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW fordert deshalb, dass arbeitsmarktpolitische Maßnahmen dieser Lebensrealität angepasst werden müssen und auf die Bedürfnisse von alleinerziehenden Frauen zugeschnitten werden müssen.
Dass bei der Förderung von arbeitslosen Frauen in Nordrhein-Westfalen noch Verbesserungsbedarf besteht, würde die zu niedrige Beteiligung von Frauen an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zeigen, so Johnsen. Aus dem Arbeitslosenreport NRW geht hervor, dass der Frauenanteil an arbeitsmarktpolitischen Förderungen mit 38 Prozent deutlich unter dem Frauenanteil an Arbeitslosigkeit mit 45 Prozent liegt. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW appelliert daher vor allem an die zuständigen Jobcenter, Frauen bei der Vergabe von derartigen Förderungen stärker zu berücksichtigen.
Ziel müsse es langfristig sein, dass Frauen im Sinne einer gleichstellungsorientierten Arbeitsmarktpolitik ausreichend Teilhabe an existenz- und alterssichernder Arbeit haben. Das ist für die Freie Wohlfahrtspflege NRW eindeutig noch nicht erreicht. So waren zu Beginn des Jahres 2017 beispielweise 156.000 Frauen in NRW trotz Einkommen auf aufstockende Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Der Grund: Diese Frauen im Hartz-IV-Bezug waren überwiegend in Teilzeit- oder Minijobs beschäftigt.
von Lena Becher
Zum Weiterlesen:
Freie Wohlfahrtspflege NRW, Arbeitslosenreport 4/2017: Arbeitslosigkeit und Arbeit von Frauen.