4. September 2017
In ihren Wahlprogrammen zur Bundestagswahl am 24. September positionieren sich die Parteien zur Arbeitsmarktpolitik. Ein Bestandteil der Debatte sind Qualifizierungsmaßnahmen für Arbeitslose und Beschäftigte. Hier werden die Versprechen der Parteien, die voraussichtlich in den Bundestag einziehen, unter die Lupe genommen.
Welche Rolle soll der Staat bei der Aus- und Weiterbildung von Arbeitslosen und Beschäftigten spielen? Die Parteien setzen bei ihren Entwürfen einer zukunftsorientierten Arbeitsmarktpolitik unterschiedliche Schwerpunkte. Während die CDU/CSU die bestehenden Regelungen nur punktuell anpassen will, wollen SPD, Linke, Grüne und FDP Weiterbildungsförderungen ausbauen. Die Wahlprogramme SPD, Linke, Grüne und AfD enthalten zudem Reformvorschläge zu den Leistungen der Arbeitslosenversicherung.
Der Ist-Zustand
Die Förderung von Weiterbildungen aus öffentlicher Hand wird von Jobcentern und der Bundesagentur für Arbeit (BA) durchgeführt. Empfänger von Arbeitslosengeld I werden häufiger in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen gefördert als Hartz-IV-Empfänger. Denn obwohl nur rund 30,5 Prozent aller Arbeitslosen in Deutschland im Bereich der Arbeitslosenversicherung (Drittes Buch Sozialgesetzbuch, SGB III) betreut werden, machten sie 2016 mehr als die Hälfte der Teilnehmer an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen aus.
Im Juli 2017 gab es in Deutschland rund 728.000 arbeitslose Empfänger von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosengeld I. bzw. ALG I). Anspruch auf Arbeitslosengeld I hat, wer mindestens 12 Monate in den zwei Jahren vor der Arbeitslosigkeit sozialversicherungspflichtig beschäftigt war und somit während dieser Zeit in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat. Wer keinen oder keinen existenzsichernden Anspruch auf Arbeitslosengeld I hat, erhält Hartz-IV-Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Das sagen die Parteien
Weiterbildungen und Qualifizierung
Bis auf den Fall der AfD äußern sich alle hier berücksichtigten Parteien in ihren Wahlprogrammen zur Weiterbildung und Qualifizierung deutscher Arbeitnehmer. Jedoch werden dabei unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. So plädiert die FDP dafür, die Förderung von Beschäftigten voran zu treiben. Der öffentliche Anteil bei solchen Weiterbildungen soll maximal bei 50 Prozent liegen. Anders als die FDP sieht das Wahlprogramm der Linken vor, dass berufsbegleitende Weiterbildungen komplett vom Arbeitgeber finanziert werden. Sowohl die Linke, als auch die SPD wollen ein Recht auf Weiterbildung gesetzlich verankern. Auch die Grünen wollen durchsetzen, dass nicht nur Arbeitslose bei Weiterbildungen unterstützt werden.
Im Vergleich enthält das Wahlprogramm der CDU/CSU (noch) keinen konkreten Vorschlag zur Zukunft der Förderung von Weiterbildungen. Die CDU/CSU will im Fall einer Regierungsbeteiligung gemeinsam mit Arbeitgebern, Gewerkschaften und „den zuständigen Stellen“ eine nationale Weiterbildungsstrategie entwickeln. Junge Menschen ohne Abschluss im Alter von 25 bis 35 Jahren sollen verstärkt nachqualifiziert werden. Zudem fordert die CDU/CSU die Einführung eines Meisterbonus: Bei bestandener Meisterprüfung können angefallene Gebühren den Arbeitnehmern ganz oder teilweise erstattet werden.
Die SPD plant hingegen die Einführung des Arbeitslosengeld Q (ALG Q). Nimmt ein Arbeitsloser Empfänger von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosengeld I) an einer Qualifizierungsmaßnahme teil, erhält er für die Dauer der Maßnahme Arbeitslosengeld Q ohne dass sich der Anspruch auf Arbeitslosengeld I verringert. Die Qualifizierungsmaßnahmen sollen über Mittel aus der Arbeitslosenversicherung finanziert werden. Nach Beendigung der Qualifizierungsmaßnahme hat der Arbeitslose also erneut Anspruch auf Arbeitslosengeld nach den bisherigen Regeln. Ähnlich ist der Vorschlag der FDP, ein „Arbeitslosengeld Weiterbildung“ einzuführen. Anders als bei der SPD soll dies aber nicht zu einer Verlängerung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld I führen.
Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung
Neben dieser Reform des Arbeitslosengeld I sieht das Wahlprogramm der SPD auch kürzere Anwartschaftszeiten für Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung vor. So soll bereits jeder, der innerhalb von drei Jahren vor der Arbeitslosigkeit mindestens zehn Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt war, Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben. Auch die Linke möchte die Anwartschaftszeiten reduzieren und zudem Sperrzeiten im Arbeitslosengeld-I-Bezug abschaffen. Die Linke möchte, wie auch die AfD, eine Verlängerung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld I erreichen. Jedoch will die AfD diesen Anspruch laut ihrem Wahlprogramm nur den Arbeitslosen zukommen lassen, die vorher mindestens zehn Jahre beschäftigt waren.
Sowohl die Grünen, als auch die SPD wollen Selbstständige in die Arbeitslosenversicherung einbeziehen. Die SPD will dies in Form von einkommensabhängigen Beiträgen durchsetzen. Zusätzlich sieht das Wahlprogramm der SPD eine flächendeckende Einführung von Jugendberufsagenturen vor. Die Bundesagentür für Arbeit soll zu einer Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung umgebaut werden. Das Wahlprogramm der CDU/CSU sieht keine Änderungen am existierenden Arbeitslosengeld I vor.
von Lena Becher
Zum Weiterlesen:
Bündnis 90/Die Grünen, Zukunft wird aus Mut gemacht, Bundestagswahlprogramm 2017.
Bundesagentur für Arbeit, Arbeitsmarktpolitische Instrumente – Deutschland, Jahreszahlen, 2017.