19. September 2017
CDU und FDP fordern eine Anhebung der Minijobgrenze von 450 Euro auf bis zu 550 Euro Monatsgehalt. Nach Einschätzung des Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) würde dies jedoch rund 500.000 Beschäftigte aus den sozialen Sicherungssystemen drängen und den Niedriglohnsektor vergrößern.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnt vor Plänen aus den Reihen der CDU und der FDP, die Einkommensgrenze für Minijobs anzuheben. Sie liegt aktuell bei 450 Euro im Monat. CDU und FDP fordern in ihren Wahlprogrammen, dass die Grenze für geringfügige Beschäftigung an die allgemeine Lohnsteigerung angepasst wird (O-Ton berichtete ). Sie läge dann bei 550 Euro laut CDU-Konzept und rund 530 Euro nach dem Konzept der FDP.
500.000 Arbeitnehmer betroffen
Der DGB steht diesen Plänen äußerst kritisch gegenüber: Laut einer Berechnung des DGB wären von einer Anhebung der Minijobgrenze rund 500.000 ausschließlich geringfügig Beschäftigte betroffen. Sie verdienen nach aktuellen Angaben der Bundesagentur für Arbeit zwischen 451 und 550 Euro monatlich. Sie hätten zwar bei einer Anhebung der Verdienstgrenze einen höheren Netto-Monatslohn, würden aber gleichzeitig aus den sozialen Sicherungssystemen fallen. Da für sie der Minijob die einzige Einkommensquelle aus Erwerbsarbeit ist, würden sie also keine Arbeitslosengeldansprüche erwerben. Oft ist auch die Altersvorsorge betroffen: Nach Aussage des DGB lassen sich vier von fünf geringfügig Beschäftigten freiwillig von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreien.
Außerdem fürchtet der DGB eine Anheizung des Niedriglohnsektors aufgrund der höheren Einkommensgrenze. Der DGB weist darauf hin, dass noch im Herbst 2016 14,5 Prozent der Minijobber weniger als den gesetzlichen Mindestlohn verdient haben. Auch werde laut Berechnungen des DGB geltendes Arbeitsrecht wird in vielen nicht ausreichend umgesetzt. In den letzten Jahren haben Minijobs gemessen an der Gesamtentwicklung der Beschäftigung in Deutschland an Attraktivität verloren. So lag der Anteil der geringfügig Beschäftigten an allen Beschäftigten in 2016 nach Angaben des Statistischen Bundesamts nur noch bei 6,5 Prozent. Eine Anhebung der Verdienstgrenze könnte diesen Trend wieder umkehren.
Fehlende Sicherung und berufliche Entwertung
Minijobs werden in Deutschland vor allem von Frauen als Einkommensquelle genutzt. Nach Berechnungen des DGB sind mehr als zwei Drittel der Minijobber zwischen 25 und 65 Jahren Frauen. Der DGB beruft sich hierbei auf statistische Erhebungen der Bundesagentur für Arbeit (BA). Minijobs erschienen Beschäftigten zunächst attraktiv, da der Bruttolohn dem Nettolohn entspricht. Dennoch erhöhen Minijobs langfristig gesehen das Risiko in Altersarmut zu geraten.
Die Beschäftigten lassen sich nämlich oft nicht nur von der Rentenversicherungspflicht befreien. Minijobs sind häufig eine berufliche Sackgasse und mindern die Verdienstmöglichkeiten. Laut DGB seien Minijobber zwar gut ausgebildet, wie aus der Statistik der BA hervorgeht. Bei steigender Beschäftigungsdauer als Minijobber würden die Berufsabschlusse der Arbeitnehmer jedoch langfristig entwertet. Das erschwere wiederum den Aufstieg in eine sozialversicherungspflichtige und alterssichernde Beschäftigung.
von Lena Becher
Zum Weiterlesen:
Krüsemann, Markus, Fehlsubventionen, von denen die Falschen profitieren, in: Miese Jobs, 11.05.2017.
Statistisches Bundesamt, Atypische Beschäftigung, 1991–2016.