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Die Beschäftigung von Flüchtlingen wächst – die Arbeitslosigkeit auch

Immer mehr Flüchtlinge sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Trotzdem ist die Arbeitslosigkeit von Migranten aus Asylstaaten im Vergleich zum Vorjahr gewachsen. Wie passt das zusammen?

Obwohl die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland in den letzten Jahren merklich gesunken ist, sind wieder mehr Migranten aus Fluchtstaaten arbeitslos. Laut Statistik der Arbeitsagentur gab es im Juni 2019 knapp 2,22 Millionen Arbeitslose, knapp 60.000 Personen weniger als im Juni 2018. Gleichzeitig waren knapp 207.000 Migranten aus den Asylherkunftsländern Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien arbeitslos gemeldet. Im Vergleich mit dem Vorjahresmonat hat die Arbeitslosigkeit unter Migranten aus Fluchtstaaten um rund 17.000 Personen beziehungsweise neun Prozent zugenommen.

Der Anstieg der Arbeitslosigkeit unter Geflüchteten ist nicht nur in Anbetracht der Gesamtentwicklung der Arbeitslosigkeit überraschend. So zeigt die BA-Statistik, dass seit 2016 immer mehr Flüchtlingen die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung gelingt. Warum gibt es also mehr Arbeitslose?

Mehr Arbeitslosigkeit, weniger Unterbeschäftigung

Im letzten Jahr ist zwar die Arbeitslosigkeit von Migranten aus Fluchtstaaten gestiegen, nicht aber die Unterbeschäftigung. Im März 2019 (Daten nur mit Wartezeit verfügbar) zählte die BA-Statistik fast 394.000 Unterbeschäftigte aus den zuzugsstärksten Asylherkunftsländern, knapp 39.000 Personen weniger als im März 2018. Im Gegensatz zur offiziellen Zahl der Arbeitslosen, berücksichtigt die Zahl der Unterbeschäftigen auch diejenigen, die aufgrund von Krankheit, Sonderregelungen für Ältere oder der Teilnahme an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen aus der Arbeitslosenstatistik herausgerechnet werden. Trotz des Anstiegs der amtlichen Arbeitslosigkeit sinkt also aktuell die de facto Arbeitslosigkeit von Geflüchteten.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Darstellung O-Ton Arbeitsmarkt.

Der Grund für diese Entwicklung lässt sich in den auslaufenden und reduzierten arbeitsmarktpolitischen Förderungen für Flüchtlinge finden. Zwischen März 2018 und März 2019 sank die Zahl der Flüchtlinge, die an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme, Integrationskurse und Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen teilnahmen, um knapp 45.000 auf nahezu 218.000 Teilnehmende. Der Rückgang ist vor allem auf die Integrationskurse zurückzuführen. So nahmen im März 2019 mit knapp 125.000 rund 58.000 Flüchtlinge weniger an einem Integrationskurs teil als noch im Vorjahresmonat.

Dass der Abbau der Fördermaßnahmen sich nicht noch deutlicher in einem Anstieg der Arbeitslosigkeit bemerkbar macht, ist der wachsenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung von Migranten aus Fluchtstaaten zu verdanken. Laut BA-Statistik waren im April 2019 knapp 312.000 Personen aus den zuzugsstärksten außereuropäischen Asylherkunftsländern sozialversicherungspflichtig in Deutschland beschäftigt. Gegenüber April 2018 ist das ein Anstieg um rund 83.000 beziehungsweise 36 Prozent.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Darstellung O-Ton Arbeitsmarkt.

Entwicklung der Hilfebedürftigkeit mit gemischter Bilanz

Im Vergleich mit dem Vorjahr hat auch der Hartz-IV-Bezug von Geflüchteten im Zuge der gestiegenen Erwerbstätigkeit abgenommen. So gab es im März 2019 knapp 649.000 erwerbsfähige Migranten aus Asylherkunftsländern im Hartz-IV-Bezug, knapp 14.000 Personen weniger als im März 2018. Allerdings hat der Hartz-IV-Bezug in der Gesamtheit zuletzt wieder zugenommen. Insgesamt bezogen im März 2019 rund 992.000 Migranten aus den zuzugsstärksten außereuropäischen Asylherkunftsländern Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende, fast 6.000 Personen mehr als im Vorjahresmonat. Über ein Drittel der sogenannten Regelleistungsberechtigen ist nicht erwerbsfähig. Trotz der zunehmenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung muss nämlich bedacht werden, dass nicht alle Arbeitsverhältnisse existenzsichernd für die gesamte Familie bzw. „Bedarfsgemeinschaft“ sind und so den Hartz-IV-Bezug beenden.

Die hier zitierten Daten zu Arbeitslosigkeit, Beschäftigung und Hartz-IV-Bezug stammen aus dem Migrations-Monitor der Bundesagentur für Arbeit. In ihm enthalten sind nicht ausschließlich Flüchtlinge, sondern alle mit einer Staatsangehörigkeit aus den acht zuzugsstärksten außereuropäischen Asylherkunftsländern (Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien), die sich in Deutschland aufhalten. Dazu gehören auch Menschen, die bereits vor 2015 eingewandert sind und schon seit Jahren in Deutschland leben. Die Schnittmenge mit den neu angekommenen Flüchtlingen ist aber sehr groß.

von Lena Becher



Zum Weiterlesen:

Bundesagentur für Arbeit, Migrationsmonitor Arbeitsmarkt und Grundsicherung – Migrations-Monitor Arbeitsmarkt – Eckwerte – Deutschland (Monatszahlen), Juni 2019.

Bundesagentur für Arbeit, Migrations-Monitor: Personen im Kontext von Fluchtmigration – Deutschland, Länder, Kreise, Agenturen für Arbeit und Jobcenter (Monatszahlen), Juni 2019, Tabelle 2b.

O-Ton Arbeitsmarkt, Flüchtlinge am Arbeitsmarkt: Zwei Drittel arbeiten zum Niedriglohn, 12.03.2019.

Bild: Colourbox.de