13. November 2017
526.000 Kinder unter 15 Jahren in Deutschland erhalten laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit seit vier Jahren oder länger Hartz-IV-Leistungen. Das eigentliche Ausmaß Hartz-IV-abhängiger Kinder ist aber noch größer: Denn rund 224.000 Kinder ohne eigenen Leistungsanspruch leben zwar in Hartz-IV-Haushalten, werden in der Leistungsstatistik aber nicht berücksichtigt.
Im Juni 2017 erhielten über 526.000 Kinder unter 15 Jahren seit vier Jahren oder länger Hartz-IV-Leistungen, wie aus der Leistungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervorgeht. Diese „Schock-Zahlen“ verkennen jedoch das Ausmaß von Kindern im Hartz-IV-System. Denn diese Statistik bezieht sich ausschließlich auf Kinder, die einen eigenen Hartz-IV-Anspruch besitzen. Somit erfasst sie längst nicht alle Kinder, die von Hartz-IV-Leistungen abhängig sind.
Über 224.000 Kinder werden nicht berücksichtigt
Wie viele Kinder leben also (langfristig) von Hartz IV? Knapp 1,55 Millionen Kinder unter 15 Jahren hatten im Juni 2017 einen eigenen Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen. Jedoch lebten zum gleichen Zeitpunkt über 224.000 weitere Kinder in einer sogenannten Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaft. Insgesamt waren also über 1,77 Millionen unter-15-jährige Kinder von Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende abhängig. Da die Statistik der BA ausschließlich die Verweildauer für Kinder mit eigenem Leistungsanspruch ausweist, ist das der einzige Indikator für verhärtete Abhängigkeit von Hartz-IV-Leistungen. Wahrscheinlich ist die Zahl der Kinder, die langfristig im Hartz-IV-System leben, aber noch deutlich höher als 526.000.
Sinnvoll wäre es also, auch über die Kinder zu sprechen, die laut Bundesagentur für Arbeit (BA) „ihren individuellen Bedarf durch eigenes Einkommen decken“ können sowie die „vom Leistungsanspruch ausgeschlossenen Personen“. In die Realität übersetzt bedeutet das zum Beispiel: Ein Kind lebt in einem Hartz-IV-Haushalt, für das dieser Haushalt Kindergeld sowie von einem getrenntlebenden Elternteil Unterhaltsleistungen erhält. Zusammengerechnet liegt dieser Betrag über dem Regelsatz für das betreffende Kind, je nach Alter zwischen 237 und 311 Euro. Das Kind selbst ist also nicht hilfebedürftig, zumindest, wenn man es isoliert von dem Haushalt betrachtet, in dem es lebt. Dass dieser Haushalt insgesamt aber weiterhin von Hartz-IV-Leistungen abhängig ist, ist für die Statistik irrelevant.
von Lena Becher
Zum Weiterlesen:
Bundesagentur für Arbeit, Verweildauern im SGB II – Deutschland mit Ländern und Kreisen, Juni 2017.
O-Ton Arbeitsmarkt, Wie viele Kinder leben von Hartz IV – 1,6 oder doch 2 Millionen?, 22.05.2017.