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Hartz IV-Empfänger bekommen kein Betreuungsgeld und finanzieren fast ein Drittel der Ausgaben

(o-ton) Weil Hartz IV-Empfängern das Betreuungsgeld auf ihre Bezüge angerechnet werden soll, tragen sie einen Teil des im Familienministerium eingeplanten Budgets mit. Von den zur Verfügung stehenden Mitteln in Höhe von 400 Millionen in 2013 und 1,2 Milliarden in 2014 könnten 2013 rund 112 Millionen und 2014 knapp 331 Millionen direkt aus Hartz IV-Geldern kommen.

2013 startet das umstrittene Betreuungsgeld von Familienministerin Kristina Schröder. Im ersten Jahr des Programms bekommen Familien, die ihre einjährigen Kinder zu Hause behalten, statt externe Betreuungsmöglichkeiten zu nutzen, eine Prämie in Höhe von 100 Euro monatlich. 2014 werden ein- und zweijährige Kinder abgedeckt und der Betrag auf 150 Euro erhöht. Die bereitgestellten Haushaltsmittel liegen bei 400 Millionen in 2013 und 1,2 Milliarden in 2014. Das Problem: Der zu erwartende Bedarf liegt deutlich darüber.

Ausgehend von den aktuellen Bevölkerungsdaten leben etwa 670.000 einjährige und 690.000 zweijährige Kinder in Deutschland. Bei etwa drei Viertel dieser Kinder besteht Anspruch auf das Betreuungsgeld, denn sie werden nicht in Kitas, Kindergärten oder von Tagesmüttern betreut. Umgerechnet kommen so zu erwartende Forderungen von rund 604 Millionen in 2013 und etwa 1,84 Milliarden in 2014 auf das Familienministerium zu. Das sind jeweils 204 beziehungsweise 640 Millionen Euro mehr als eingeplant.

Daten BA, Destatis, Darstellung O-Ton-Arbeitsmarkt

Dazu, wie die fehlenden Gelder aufgebracht werden sollen, schweigt das Ministerium bisher beharrlich. Ein Teil der Lösung scheinen aber offenbar die Hartz IV-Bezieher zu sein, so Prof. Dr. Stefan Sell: „Wenn Hartz IV-Familien Betreuungsgeld erhalten, wird ihnen ein entsprechend geringerer Betrag ihrer Leistungen aus der Grundsicherung überwiesen. Was so im Haushalt von Arbeitsministerin von der Leyen eingespart wird, kann dann wieder zurück ins Familienministerium fließen. Im Klartext: Die Hartz IV-Empfänger bekommen nichts und finanzieren sogar fast ein Drittel der geplanten Ausgaben für das Betreuungsgeld.“

In Deutschland leben rund 124.000 Einjährige und etwa 121.000 Zweijährige in Bedarfsgemeinschaften mit Hartz IV-Bezug. Unter der Annahme, dass drei Viertel dieser Kinder nicht extern betreut werden und daher Anspruch auf Betreuungsgeld besteht, würden 2013 rund 112 Millionen und 2014 rund 331 Millionen fällig. Bei einer Übertragung der so entstehenden Minderausgaben des Arbeits- an das Familienministerium reduzierten sich die fehlenden Haushaltsmittel dort auf etwa 92 Millionen in 2013 und 309 Millionen in 2014. Auch wenn dann noch immer Gelder fehlen, ein Teil des Rätsels scheint gelöst.

Zum Weiterlesen:

Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Kinderbetreuung regional 2011