10. April 2019
Im Jahr 2018 wurden knapp 904.000 Sanktionen gegen Empfänger von Hartz-IV-Leistungen ausgesprochen. Grund hierfür sind aber keineswegs häufigere Ablehnung von Jobangeboten oder mangelnde Eigeninitiative bei der Jobsuche. Tatsächlich werden 77 Prozent der Sanktionen aufgrund von Terminversäumnissen verhängt.
Zahlungen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Arbeitslosengeld II oder „Hartz IV“) können für Empfänger aus unterschiedlichen Gründen gekürzt werden. Die Gründe reichen von der Weigerung, ein Arbeitsangebot anzunehmen, über Verstöße gegen die Eingliederungsvereinbarung oder den Abbruch einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme (zum Beispiel eines Ein-Euro-Jobs oder einer Fortbildung) bis hin zu schlichten Terminversäumnissen.
Die Höhe der Leistungskürzung ist abhängig von der „Schwere“ des Verstoßes. Termin- bzw. „Meldeversäumnisse“, die beispielsweise entstehen, wenn Personen Termine mit dem Arbeitsvermittler oder dem ärztlichen oder psychologischen Dienst nicht wahrnehmen oder sich verspätet arbeitslos melden, werden vergleichsweise harmlos bewertet. Sie werden „lediglich“ mit einer zehnprozentigen Kürzung geahndet. Für die übrigen, schwereren Verstöße gilt eine Kürzung der Leistung um 30 Prozent. Gerade die relativ harmlosen Meldeversäumnisse waren allerdings Grund für rund 77 Prozent der Sanktionen.
Die von der BA berechnete Sanktionsquote von 3,2 lag im Jahr 2018 leicht über dem Wert von 2017, obwohl in diesem Jahr knapp 50.000 Sanktionen weniger ausgesprochen wurden. Allerdings beschönigt diese offizielle Sanktionsquote das Ausmaß der Leistungskürzungen. Der Jahresdurchschnitt von monatlich rund 132.000 Sanktionierten ignoriert, dass es sich nicht jeden Monat um dieselben sanktionierten Personen handelt.
So gab es 2018 in der Summe nach Angaben der BA rund 403.000 neu sanktionierte Hartz-IV-Beziehende. Weil die BA-Statistik allerdings nicht überschneidungsfrei ausweist, wie viele Personen innerhalb eines Jahres insgesamt Hartz-IV-Leistungen bezogen haben, lässt sich die tatsächliche Sanktionsquote anhand der Daten nicht ermitteln. Die BA gibt nun allerdings in einem Arbeitsmarktbericht über Sanktionen erstmals an, dass im Jahr 2018 8,5 Prozent aller Hartz-IV-Bezieher mindestens einmal sanktioniert wurden.
Sanktionen treffen unter-25-Jährige am härtesten
Die offizielle Sanktionsquote kann genutzt werden, um bestimmte Personengruppen miteinander zu vergleichen. Gemessen an dieser Quote sind unter-25-Jährige am häufigsten betroffen. Für diese gelten im Vergleich zu den älteren Personen striktere Sanktionsregeln. Ihre Sanktionsquote war mit dem Wert von 3,9 überdurchschnittlich hoch. Sanktionen treffen unter-25-Jährige zudem deutlich heftiger (O-Ton berichtete). So reduzierten Sanktionen im Jahr 2018 monatliche Hartz-IV-Leistungen insgesamt um knapp ein Fünftel (18,8 Prozent). Für unter-25-Jährige führten Sanktionen hingegen zu einer monatlichen Kürzung von mehr als einem Viertel der Leistungen (27,5 Prozent).
von Lena Becher
Zum Weiterlesen:
O-Ton Arbeitsmarkt, Bundesverfassungsgericht verhandelt über Hartz-IV-Sanktionen, 14.01.2019.
O-Ton Arbeitsmarkt, Hartz-IV-Sanktionen machen auch vor Kindern nicht Halt, 04.06.2018.
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