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IAB korrigiert Teile des Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung

(o-ton) Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat bei der gestrigen Bundestagsanhörung dem Vierten Armuts- und Reichtumsbericht der Regierung in Teilen widersprochen. Die Lohnungleichheit in Deutschland habe nicht abgenommen, heißt es unter anderem in der Stellungnahme des wissenschaftlichen Instituts der Bundesagentur für Arbeit aus Nürnberg.

Bei der Bundestagsanhörung zum Vierten Armuts- und Reichtumsbericht am Montag, den 3. Juni 2013 haben die geladenen Sachverständigen Zustandekommen und Aufbau kritisiert und den Inhalten in Teilen widersprochen. In seiner Stellungnahme korrigierte das Instituts- für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) mehrere Punkte des Berichts.

Keine abnehmende Einkommensungleichheit

Laut IAB hat die Lohnungleichheit in Deutschland zwischen 2005 und 2010 nicht abgenommen, wie es im Vierten Armuts- und Reichtumsbericht der Regierung heißt. Tatsächlich habe der Abstand zwischen den oberen und den unteren Einkommensgruppen zugenommen, das zeige eine IAB-eigene Studie. Die Löhne von Vollzeitbeschäftigten im unteren Verdienst-Zehntel seien um sechs Prozent gesunken, während sie beim oberen Verdienst-Zehntel um rund ein Prozent zugenommen hätten. Die Studie des IAB sei deutlich aussagekräftiger, denn sie erfasse die Löhne der abhängig sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten vollständig. Bei der Befragungsstudie des Armuts- und Reichtumsberichts hingegen seien besonders hohe und besonders niedrige Einkommen unterrepräsentiert.

Reallöhne gesunken, atypische Beschäftigung gestiegen

Das IAB beurteilt die positive Bewertung der Entwicklung am Arbeitsmarkt im Armuts- und Reichtumsbericht als zu einseitig. Zwar habe die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu- und die Arbeitslosigkeit abgenommen, dies sei aber mit einem seit dem Jahr 2000 sinkenden Reallohnniveau einhergegangen. Die Realverdienste lägen für manche Gruppen unter dem Niveau, das Mitte der 1980er Jahre erreicht wurde. Zudem hält das wissenschaftliche Institut den deutlichen Trend zu atypischen Beschäftigungsverhältnissen wie Leiharbeit, Minijobs, Befristungen und Teilzeitarbeit für bedenklich.

Hilfebedürftigkeit bei 60- bis 65-Jährigen um circa 65 Prozent gestiegen

Der Armuts- und Reichtumsbericht betont die positive Entwicklung bei der Erwerbsbeteiligung von 55- bis unter 65-Jährigen. Unterthematisiert bleibt laut IAB aber das Risiko zukünftiger Altersarmut, das sich durch die Anhebung der Altersgrenze für einen Rentenbezug deutlich verschärft habe. Sichtbar werde dies anhand der Hilfebedürftigkeit älterer Menschen zwischen 60 und 65 Jahren. Diese sei im beobachteten Zeitraum um etwa 65 Prozent gestiegen.

Aufstocker nicht thematisiert

Laut IAB erhalten 90.000 Arbeitslosengeld I-Empfänger zusätzlich „Hartz IV“-Leistungen, weil die Versicherungsleistung und das Einkommen nicht für den Lebensunterhalt des Haushalts ausreichen. Der Aspekt der niedrigen Einkommen und ihrer Konsequenzen für die Höhe des Arbeitslosengeldes klammere der Armuts- und Reichtumsbericht vollständig aus. Gleiches gelte für die Beschäftigten, die zusätzlich zu ihrem Lohn „Hartz IV“-Bezüge erhalten, weil das Einkommen den Lebensunterhalt nicht abdeckt.

Zum Weiterlesen:

Deutscher Bundestag, Stellungnahmen zur öffentlichen Anhörung zum Vierten Armuts- und Reichtumsbericht (3.6.2013)