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Sanktionen auch in der Arbeitslosenversicherung: Sperrzeiten treffen Hunderttausende

Die Arbeitsagenturen verhängten zwischen September 2015 und August 2016 752.000 Sperrzeiten gegen Empfänger von Arbeitslosengeld I. Damit wurden monatlich etwa sieben Prozent der Arbeitslosengeldzahlungen zeitweise aufgehoben. Häufigster Grund ist eine verspätete Meldung vor Beginn der Arbeitslosigkeit. Das zeigt eine Sonderauswertung der Bundesagentur für Arbeit für O-Ton Arbeitsmarkt.

Das Arbeitslosengeld I ist eine Versicherungsleistung. Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen ein, um den Arbeitnehmer im Falle einer Arbeitslosigkeit bis zu ein Jahr lang (bei älteren Arbeitslosen bis zu 24 Monate) finanziell abzusichern. Er erhält dann 60 Prozent des letzten Nettogehalts.

Durch „versicherungswidriges Verhalten ohne wichtigen Grund“ kann der Arbeitnehmer allerdings einen Teil seines Anspruchs verwirken. Die Arbeitsagenturen verhängen dann Sperrzeiten, in denen kein Arbeitslosengeld I gezahlt wird. Versicherungswidrig verhält sich der Arbeitnehmer, wenn er ein laufendes Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund kündigt, ein Jobangebot oder eine berufliche Eingliederungsmaßnahme, zum Beispiel eine Schulung, ablehnt, eine Maßnahme abbricht, sich nicht ausreichend um eine neue Arbeit bemüht, nicht zu Beratungsterminen oder zu ärztlichen Untersuchungen erscheint (Meldeversäumnis) oder zu spät meldet, dass er arbeitslos werden wird.

Etwa sieben Prozent Sperrzeiten bei Arbeitslosengeld I

Im gleitenden Jahreszeitraum von September 2015 bis einschließlich August 2016 verhängten die Arbeitsagenturen rund 752.000 Sperrzeiten. Gemessen an allen Arbeitslosengeld-I-Empfängern ergibt sich eine monatsdurchschnittliche Sperrzeitenquote von 7,3 Prozent, wie die Bundesagentur für Arbeit für O-Ton Arbeitsmarkt berechnet hat.

Die Zahlung von Arbeitslosengeld I wurde damit monatlich bei etwa jedem Vierzehnten zeitweise ausgesetzt. Die Sperrzeitenquote stellt den Anteil der gesperrten an allen Arbeitslosengeld-I-Empfängern allerdings nur annähernd dar, denn die Arbeitsagenturen können bei einer Person mehrere Sperrzeiten gleichzeitig aussprechen. Die zwischen September 2015 und August 2016 verhängten 752.000 Sperrzeiten entsprechen also nicht genau 752.000 gesperrten Personen.

Wie viele Arbeitslosengeld-I-Empfänger im betrachteten Zeitraum mehrere Sperrzeiten erhalten haben, kann die Bundesagentur für Arbeit nicht auswerten. Eine deutliche Abweichung von der errechneten Sperrzeitenquote ist dadurch aber nicht zu erwarten.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Sperrzeiten Jahre, Sonderauswertung für O-Ton Arbeitsmarkt

2015 erhielten im Monatsdurchschnitt etwa 6,7 Prozent aller Arbeitslosengeld-I-Empfänger eine Sperrzeit. Im Vergleich zu den beiden Vorjahren ist die Sperrzeitquote damit gestiegen. 2011 und 2012 wurde jeweils ein leicht höherer Wert von 6,8 Prozent erreicht, während die Quote in den Jahren 2009 und 2010 mit 5,8 und 5,9 Prozent deutlich niedriger lag.

Sperrzeiten in der Arbeitslosenversicherung häufiger als Sanktionen im Hartz-IV-System

Im Vergleich mit dem Hartz-IV-System ist der Anteil der Leistungsempfänger, bei denen die Zahlung zeitweise ausgesetzt wurde, in der Arbeitslosenversicherung deutlich höher. 2015 erhielten drei Prozent der Hartz-IV-Bezieher im erwerbsfähigen Alter mindestens eine der so genannten Sanktionen, das Pendant zu den Sperrzeiten in der Arbeitslosenversicherung.

Hintergrund ist möglicherweise die intensivere Betreuung der Empfänger von Arbeitslosengeld I. Zudem befindet sich unter den Hartz-IV-Empfängern eine große Gruppe an Personen, die nicht verpflichtet ist, eine Arbeit aufzunehmen. Dazu gehören zum Beispiel Alleinerziehende mit Kindern unter drei Jahren oder Schüler. Für diesen Personenkreis kommt die Mehrzahl der möglichen Sanktionsgründe (zum Beispiel wegen der Weigerung, eine Arbeit oder Maßnahme aufzunehmen) überhaupt nicht in Betracht.

Häufigster Grund für Sperrzeiten: Verspätete Meldung vor Beginn der Arbeitslosigkeit

Die verspätete Meldung vor Beginn der Arbeitslosigkeit (Arbeitsuchendmeldung) ist mit 36 Prozent der häufigste Grund für eine Sperrzeit. Es folgen Meldeversäumnisse mit 30 Prozent und die Kündigung durch den Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund mit 29 Prozent. Alle anderen Verstöße haben nur einen geringen Anteil von insgesamt vier Prozent an allen verhängten Sperrzeiten.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Arbeitslosengeld nach dem SGB III

Mehr als jede vierte Sperrzeit dauert drei Monate

Bei eigener Kündigungen tritt in der Regel eine Sperre von drei Monaten ein. Verkürzungen auf drei oder sechs Wochen sind möglich, wenn das Arbeitsverhältnis ohnehin innerhalb der nächsten sechs oder 12 Wochen geendet hätte oder eine dreimonatige Sperrzeit eine besondere Härte darstellen würde. Bei abgelehnten Jobangeboten sowie abgelehnten oder abgebrochenen Eingliederungsmaßnahmen wird die Zahlung von Arbeitslosengeld I stufenweise für drei, sechs oder 12 Wochen ausgesetzt. Mangelnde Initiative bei der Jobsuche mindert den Anspruch um zwei Wochen und Meldeversäumnisse sowie eine verspätete Arbeitsuchendmeldung um jeweils eine Woche. Summieren sich die Sperrzeiten auf 21 Wochen, erlischt der gesamte Anspruch auf Arbeitslosengeld I.

Mit einem Anteil von 66 Prozent dauert die große Mehrheit der Sperrzeiten lediglich eine Woche (Meldeversäumnisse und verspätete Arbeitsuchendmeldungen), allerdings auch mehr als jede vierte Sperrzeit drei Monate. Die dreimonatigen Sperrzeiten entfallen hauptsächlich auf Kündigungen durch den Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund. Ausgesetzte Zahlungen von zwei, drei oder sechs Wochen hingegen sind mit insgesamt sechs Prozent vergleichsweise selten.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Arbeitslosengeld nach dem SGB III

Zum Weiterlesen:

Bundesagentur für Arbeit, Arbeitslosengeld nach dem SGB III – Deutschland, Länder – Juli 2016 (weitere Monate per dropdown abrufbar)

Bundesagentur für Arbeit, Sperrzeiten Jahre, Sonderauswertung für O-Ton Arbeitsmarkt

Bundesagentur für Arbeit, Sperrzeiten Monate, Sonderauswertung für O-Ton Arbeitsmarkt

Bundesagentur für Arbeit, Sanktionen – Deutschland mit Ländern und Kreisen – Juni 2016

Bundesagentur für Arbeit, Methodische Hinweise zu Sanktionen