12. Juni 2018
Nach Angaben der Bundesregierung haben im Jahr 2017 alleine die 303 Jobcenter in gemeinsamer Einrichtung insgesamt über 508 Millionen Euro aus dem Förderbudget zur Deckung ihrer Verwaltungskosten verwendet. Berechnungen des Bremer Instituts für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe offenbaren außerdem, dass einzelne Jobcenter über die Hälfte ihres Eingliederungsbudgets umschichten, während andere die Fördergelder unangetastet lassen.
Jedes Jahr widmen die Jobcenter hunderte Millionen Euro, die eigentlich für die Förderung von Hartz-IV-Beziehern mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen gedacht sind, in ihren Verwaltungshaushalt um (O-Ton berichtete). Im Jahr 2017 haben alleine die 303 Jobcenter in gemeinsamer Einrichtung (gE) der Bundesagentur für Arbeit (BA) und der Kommunen über 508 Millionen Euro auf diese Weise zweckentfremdet – fast jeder sechste Euro. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Anfrage des Abgeordneten Pascal Kober (FDP) im Bundestag hervor. Für die zugelassenen kommunalen Träger (zkT; 105 von 408 Jobcenter) liegen noch keine oder unvollständige Informationen vor.
In einzelnen Jobcentern erreichten die Umschichtungen Ausmaße von bis zu 57 Prozent, wie Berechnungen des Bremer Instituts für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) zeigen. Fast zwei Drittel (188 der 303 Jobcenter gE) schichteten zehn bis unter 30 Prozent des Eingliederungsbudgets für arbeitsmarktpolitische Förderung in den Verwaltungshaushalt um. Drei Jobcenter entnahmen sogar mehr als die Hälfte der Mittel aus dem Eingliederungsetat, um damit Verwaltungsausgaben zu finanzieren. Etwa ein Sechstel (50 Jobcenter) verwendete 30 bis unter 50 Prozent für ihre Verwaltungskosten. 48 Jobcenter entnahmen zwischen einem bis zehn Prozent aus dem Eingliederungstitel.
Regionale Unterschiede
Zu den Spitzenreitern in der Umschichtung zählen die Jobcenter Tirschenreuth, Fürth (Land) und Wartburgkreis. Die geringste Minderung des Eingliederungstitels gab es in den Jobcentern Augsburg, Dingolfing-Landau und Regionalverband Saarbrücken. Dass es theoretisch auch anders geht zeigten neben zehn Jobcentern, die im Jahr 2017 ohne Umschichtung auskamen, die Jobcenter Erlangen-Höchstadt, Unterallgäu und Kelheim – sie schichteten Geld aus dem Verwaltungs- in das Eingliederungsbudget um.
Umschichten für eine bessere Betreuung?
Den Vorwurf, an der Förderung der Hartz-IV-Empfänger zu sparen, ließen sich die Jobcenter in der Vergangenheit nicht gefallen. Ihre reflexartige Begründung lautete: Die Betroffenen profitieren von mehr Geld im Verwaltungsetat, denn so finanziere man mehr Personal und damit eine intensivere und bessere persönliche Betreuung. Doch diese Behauptung hielt einer Überprüfung zuletzt nicht stand: Weder hatten die Jobcenter mit besonders hohen Umschichtungen besonders gute, noch die Jobcenter mit geringen Umschichtungsanteilen besonders schlechte Betreuungsrelationen (O-Ton berichtete).
von Lena Becher
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